Deutscher Vorschlag zielt darauf ab, Finanzdienstleistungen für Erotikseiten zu unterbinden
MAINZ, Deutschland - Die deutschen Behörden haben einen Vorschlag eingebracht, um Netzsperren gegen Erotikseiten zu erleichtern, die als unzureichende Altersüberprüfungssysteme gelten, und um Finanzinstituten die Erbringung von Zahlungsdienstleistungen für diese Seiten zu untersagen.
Am Mittwoch veröffentlichte die Rundfunkkommission der Länder ihren Entwurf zur Reform des Jugendmedienstaatsvertrags (JMStV).
Die Regelungen des Entwurfs betreffen nach Angaben der Kommission "den technischen Jugendmedienschutz".
Die bestehenden Jugendschutzsysteme, so heißt es in der mit dem Entwurf veröffentlichten Stellungnahme, "sollen leichter nutzbar gemacht und miteinander vernetzt werden, um möglichst effektiv zu sein". Weitere Punkte des Entwurfs sind die Verbesserung der Rechtsdurchsetzung und der Kennzeichnungsangebote".
Vorschläge und Kommentare zu den Vorschlägen können bis zum 7. Dezember eingereicht werden.
Die deutsche Tech-Nachrichtenseite NetzPolitik wies darauf hin, dass der Vorschlag das Kräfteverhältnis im Katz-und-Maus-Spiel" zwischen Erotikseiten und deutschen Medienaufsichtsbehörden verändern könnte.
"Die zuständige Landesmedienanstalt", so heißt es in dem Vorschlag, "kann den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen, die Teilnahme an Zahlungen für die beanstandeten Seiten untersagen".
Eine Stellungnahme zum Entwurf macht das Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme deutlich: "Mit der Ergänzung soll insbesondere den Erfahrungen der Landesmedienanstalten bei der Durchsetzung von Maßnahmen gegen Anbieter großer Pornoplattformen Rechnung getragen werden."
Geldzufuhr zu Erotikseiten abstellen
"Der neue Vorschlag würde es der Medienaufsicht ermöglichen, den Geldhahn für bestimmte Erotikseiten zuzudrehen", erklärt NetzPolitik-Reporter Sebastian Meineck, der über die deutschen Bemühungen zur Zensur des Internets berichtet. "Dieses neue Instrument ist eine direkte Folge des harten Vorgehens gegen Pornoseiten in Deutschland - vor allem gegen die einst meistbesuchte Seite Deutschlands: xHamster. Insofern könnte man von einer 'Lex xHamster' sprechen - deren Auswirkungen natürlich weit darüber hinausgehen könnten."
Meineck sagte gegenüber XBIZ, dass es im deutschen Medienrecht eine Regelung zum Online-Glücksspiel gibt, die ähnlich aufgebaut ist wie der JMStV und eine ähnliche Ermächtigung enthält, "den Zahlungsverkehr für anstößige Angebote zu untersagen."
Der Vorschlag vereinfacht auch das Verfahren, mit dem der Staat Netzsperren anordnen kann.
Die Medienaufsicht, so Meineck, "darf schon jetzt Netzsperren für Pornoseiten erlassen, die sich den vorgeschriebenen Alterskontrollen widersetzen. Eine Netzsperre bedeutet, dass Internet-Provider wie Vodafone, 1&1 oder die Telekom ihren Kunden den Zugang zu einer Website wie gewohnt verwehren müssen. Um eine solche Sperre zu erreichen, muss die Aufsichtsbehörde derzeit zeitaufwändige Verwaltungsverfahren durchführen, die zum Teil unwirksam sind."
Die vorgeschlagene Änderung würde es der Regierung ermöglichen, Spiegel-Websites leichter ins Visier zu nehmen, d.h. Websites, die "ganz oder im Wesentlichen denselben Inhalt haben wie Angebote, deren Sperrung bereits angeordnet wurde", ohne "ein weiteres komplexes Verfahren", wie der Entwurf der Stellungnahme klarstellt.
"Die Erfahrungen der Medienbehörden bei der Durchsetzung von Maßnahmen gegen große Pornoplattformen" werden auch hier explizit als Grund für diese Änderung genannt.
Ein komplexes Netz von Bürokratien
In Deutschlands komplexem föderalen System sind die Bundesländer beauftragt, über die Rundfunkkommission der Länder gemeinsame Regeln für den Jugendschutz im gesamten Bundesgebiet festzulegen. In dieser Kommission, deren Vorsitz das Land Rheinland-Pfalz innehat, sitzen Vertreter der Länder.
Die beiden maßgeblichen Mediengesetze sind der alle Altersgruppen betreffende Medienstaatsvertrag (MStV) und der die Minderjährigen betreffende JMStV.
Die Vollzugsbehörden zur Umsetzung dieser Gesetze agieren ebenfalls gemeinsam, aber jedes Bundesland hat seine eigenen Bürokraten. Von den 14 Medienaufsichtsbehörden führt die nordrhein-westfälische Landesmedienanstalt unter der Leitung von Deutschlands oberstem Anti-Porno-Kreuzritter Tobias Schmid einen unerbittlichen Krieg gegen Inhalte für Erwachsene.
Wie XBIZ berichtet, hat Schmid über seine örtliche Landesmedienanstalt eine unerbittliche Kampagne geführt, bei der er bestimmte Erotikseiten ins Visier genommen hat, um eine Altersverifikation für das Betrachten sexueller Inhalte in Deutschland einzuführen. Schmid wurde als "Ordnungsfanatiker" beschrieben, und seine Bemühungen führten dazu, dass ein Gericht im vergangenen Jahr ein "Netzverbot" erließ und den Zugang zu xHamster sperrte. Letzten Monat leiteten die Medienaufsichtsbehörden des Landes Schritte ein, um eine Sperrung von Pornhub, YouPorn und MyDirtyHobby anzuordnen.
Im Rahmen der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern liegt die Regulierung dessen, was im Gesetz als "Telemedien" bezeichnet wird - also das Internet - in den Händen der Landesmedienanstalten. Die 14 Landesmedienanstalten können ihre Arbeit über die Kommission für Jugendmedienschutz koordinieren.
Laut dem NetzPolitik-Artikel bezweifeln jedoch einige Rechtsexperten in Deutschland, dass die deutschen Medienaufsichtsbehörden die Befugnis haben, ausländische Erotikseiten wie Pornhub oder xHamster zu regulieren.
Marc Liesching - Professor für Medienrecht und Medientheorie an der Leipziger Universität für Technik, Wirtschaft und Kultur - wird zitiert, dass er kürzlich einen juristischen Kommentar herausgegeben hat, der das "Herkunftslandprinzip" stärkt, das besagt, dass Dienste dort reguliert werden sollten, wo sie ihren Sitz haben.
Aus rechtlicher Sicht haben sowohl xHamster als auch Pornhub ihren Sitz in Zypern.