Frankreich, Deutschland: Vorstoß zur Sperrung von Websites für Erwachsene
PARIS - Auf Betreiben von Anti-Porno-Aktivisten und Politikern haben Gerichte in Frankreich und Deutschland in dieser Woche Anträge auf Sperrung von Erotikseiten wegen der Einhaltung umstrittener Alterskontrollvorschriften gestellt.
Ein Pariser Gericht wird nächsten Monat darüber entscheiden, ob die französische Medienaufsichtsbehörde Arcom "das Recht hat, den Zugang zu internationalen Pornoseiten in Frankreich zu sperren, wenn diese Seiten nicht garantieren können, dass sie Minderjährige unter 18 Jahren am Zugang hindern können", berichtete Reuters Anfang der Woche. Die Arcom reagierte damit auf eine Beschwerde mehrerer Verbände, die behaupten, "die Kinder" zu vertreten.
Auf der anderen Seite der Grenze, in Münster, Deutschland, hat das Oberverwaltungsgericht Klagen von in Zypern ansässigen Plattformen, darunter xHamster, abgewiesen, die auf die Aufhebung eines kürzlich vom Verwaltungsgericht Düsseldorf verhängten Verbots gerichtet waren.
Beide Entwicklungen - zusammen mit der jüngsten Kehrtwende der konservativen Regierung in Großbritannien, die nun gelobt hat, gegen Erotikseiten wie Pornhub und xHamster "hart durchzugreifen" - werden von internationalen "War on Porn"-Kreuzfahrern als Meilensteine einer Strategie gefeiert, die in einem totalen Verbot von Inhalten für Erwachsene auf offenen Plattformen wie Twitter und Reddit gipfeln soll.
Das ultimative Ziel dieser Strategie ist OnlyFans, das keine offen zugänglichen Such- oder Vorschauseiten hat und seine Models zwingt, sich für Marketing und Werbung auf Plattformen wie Twitter oder Reddit zu verlassen.
Moralische Panik im Namen der "Kinder
Die aktuelle französische Klage so genannter "Kinderrechtsorganisationen", die sich mit Anti-Sex-Arbeits-SWERF-Aktivisten und extremistischen katholischen Gruppen verbündet haben, richtet sich speziell gegen die Tube-Seiten Pornhub, Tukif, xHamster, Xnxx und XVideos.
Bei einer Anhörung am Dienstag argumentierten die Anwälte der Erotikseiten, dass "das Gericht nicht befugt sei, über den Fall zu entscheiden, da das Gesetz nicht im Einklang mit der Verfassung stehe", berichtete Reuters.
Arcom sagte dem Nachrichtendienst, dass das Gericht am 4. Oktober entscheiden werde, "ob es in der Sache entscheiden kann oder ob der Fall an das Berufungsgericht gehen muss".
Wie XBIZ berichtete, wurde Frankreichs Altersüberprüfungsmandat während einer untypischen und spärlich besuchten COVID-Ära-Sitzung des französischen Parlaments im Juli 2020 heimlich einem eilig verabschiedeten Gesetz gegen häusliche Gewalt hinzugefügt.
Das Gesetz legt fest, dass Unternehmen, die sich an Erwachsene wenden, verpflichtet werden sollen, Maßnahmen zu ergreifen, die über die einfache Frage nach der Volljährigkeit eines Internetnutzers hinausgehen. Außerdem wird ein Regierungsbeamter - der Präsident der ARCOM - ermächtigt, den Präsidenten des Gerichtshofs aufzufordern, Internetprovider anzuweisen, rechtsverletzende Websites im ganzen Land unverzüglich zu sperren.
Laut dem französischen Tech-Journalisten Marc Rees, der für die Nachrichtenseite Next INpact über die Entwicklungen berichtet, wird mit dem Einspruch der Tuben-Websites die Verfassungsmäßigkeit des umstrittenen Gesetzes angefochten, da der Gesetzgeber es zu vage formuliert hat, was gegen den Rechtsgrundsatz der "Meinungs- und Kommunikationsfreiheit" verstößt.
Der deutsche Bürokrat mit dem "Ordnungsfetisch" macht weiter
In Deutschland bestätigte das Oberverwaltungsgericht Münster die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und gab dem Ein-Mann-Anti-Porno-Kreuzzug von Tobias Schmid, dem Leiter der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen, recht.
Wie XBIZ berichtete, hatte Schmid, der als "Ordnungsfanatiker" beschrieben wird, xHamster als Teil seines Kreuzzuges ins Visier genommen, um eine Altersverifikation für das Ansehen sexueller Inhalte in Deutschland zu fordern.
Die Bemühungen des undurchsichtigen lokalen Bürokraten führten dazu, dass ein Gericht im vergangenen März ein "Netzverbot" erließ und den Zugang zu xHamster sperrte.
Die Tageszeitung Frankfurter Allgemeine stellte damals fest, dass "die Netzsperre die härteste Sanktion ist, die das deutsche Telemediengesetz vorsieht" und dass sie "unpopulär ist und schnell als 'Zensur' eingestuft wird."
"Natürlich ist die Netzsperre ein dramatischer Eingriff", sagte Schmid der Zeitung. "Mit diesem Angebot soll aber das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht zu sehr beeinträchtigt werden. Es ist einfach ein Geschäft mit der Pornografie, und das auf Kosten von Kindern und Jugendlichen."
Nach einem Bericht des deutschen Nachrichtensenders N-TV sah das Oberverwaltungsgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Verbot.
"Angesichts des hohen Stellenwerts des Jugendschutzes könnten die Anbieter dem Verbot nicht mit dem so genannten Herkunftslandprinzip begegnen, wonach Internetanbieter aus einem EU-Mitgliedsstaat nur den dortigen Regeln unterworfen sind", berichtete N-TV diese Woche.